Neueste Prüfungsmethoden der Finanzverwaltung
8.5 Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung bei EDV-Registrierkassen
8.5.1 Allgemein
Die Ordnungsmäßigkeit einer mit Hilfe von EDV-Registrierkassen erstellten Kassenführung ist grundsätzlich nach den gleichen Prinzipien zu beurteilen wie die einer manuellen Kassenführung. Beim Einsatz einer elektronischen Registrierkasse sind wie bei einer mit Hilfe der EDV erstellten Finanzbuchführung neben den (allgemeinen) Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zusätzlich die (speziellen) Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme .(GoBS) zu beachten (vgl. BMF vom 7.11.1995 –IV A 8 – S 0316 – 52/95, BStB/1995 I S. 738), denen insbesondere hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen an die Dokumentation und Prüfbarkeit eine grundsätzliche Bedeutung zukommt (weitere Einzelheiten, vgl. Ausführungen unter 8.6).
Mit EDV-Registrierkassen lässt sich bei sachgerechter Anwendung nach den Möglichkeiten in den Bedienungs- und Programmieranleitungen eine den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechende Kassenführung erstellen. Es ist aber mit Hilfe der EDV-Registrierkassen ebenso möglich, eine nur scheinbar ordnungsmäßige Kassenführung für steuerliche Zwecke zu erstellen, die jedoch nicht wahr, richtig und vollständig ist (s. StBp 1990, S.169,175).
8.5.2 Vorlage der EDV-Dokumentation
Für den sachverständigen Dritten ( den Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Betriebsprüfer u.a.) müssen der Datenfluss, die nicht veränderbaren Verarbeitungsstufen (Programmierschritte), die möglichen und wählbaren sachlichen Verarbeitungsregeln sowie die wählbaren und die zu unterdrückenden Ausdrucke anhand der Verfahrensdokumentation nachvollziehbar geprüft werden können.
Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung erfordern somit auch bei EDV-Registrierkassen eine schlüssige und nachvollziehbare Dokumentation. Hierzu ist erforderlich, dass die nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Kasse gehörenden Organisationsunterlagen, insbesondere die Bedienungsanleitung, die Programmabrufe nach jeder Änderung (u.a. der Artikeleinzelpreise), Protokolle über die Einrichtung von Verkäufer, Kellner – und Trainingsspeichern etc. sowie alle weiteren internen Anweisungen zur Kassenprogrammierung ( z.B. Anweisungen zum maschinellen Ausdrucken von Proforma-Rechnungen oder zum Unterdrücken von Daten und Speicherinhalten) aufbewahrt werden.
Den Buchführungspflichtigen als den nach dem Gesetz Verantwortlichen ( s. § 238 HGB, § 145 AO) trifft auch die Vorlagepflicht für Dokumentationsunterlagen, soweit sie sich beim, Lieferanten der Kasse oder Serviceunternehmen befinden (z.B. Anweisung zur Programmierung). Dieser ist insofern lediglich Erfüllungsgehilfe (§§ 278, 664 BGB) des Unternehmers.
Das Fehlen einer ordnungsmäßigen Dokumentation, die unzureichende Nachprüfbarkeit sowie das Unterdrücken aussagekräftiger Daten sind im Hinblick auf die sodann fehlende Beweisvermutung des § 158 AO zu beanstanden.
8.5.3 Aufbewahrungs- und Dokumentationsgrundsätze
Die unter 7.5. aufgeführten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind auch beim Einsatz von EDV-Registrierkassen zu beachten.
Auch das nach den GoB geltende Gebot der vollständigen und richtigen Verbuchung aller Einnahmen, Entnahmen und Stornierungen (vgl. § 239 Abs. 2 HGB) sowie das Verbot der Verrechnung (und Saldierung) von Einnahmen mit Entnahmen und Stornierungen (vgl. § 246 Abs. 2 HGB) sind bei der Kassenführung mit Hilfe der EDV zu berücksichtigen.
Bei EDV-Registrierkassen, deren Ausdrucke (zumindest teilweise) aufgrund der Programmierung oder durch die betriebsspezifische Einrichtung den gebongten Buchungsstoff nicht richtig und vollständig wiedergeben, bei denen also Fehlerquellen denkbar und Manipulationsmöglichkeiten gegeben sind, kommt der Belegfunktion und den Aufbewahrungspflichten eine besondere Bedeutung zu.
Die Beweisvermutung einer ordnungsmäßigen Buch- bzw. Kassenführung ergibt sich nicht aus der Anschaffung einer EDV-Kasse mit den dazugehörigen Bedienungs- und Programmieranleitungen, sondern aus dem betriebsspezifischen Einsatz mit der dazugehörigen hausinternen Verfahrensdokumentation, die anhand der aufzubewahrenden EDV-Kassenausdrucke (einschl. Programmausdrucke) schlüssig nachvollziehbar sein muss.
Durch BMF vom 09.01.1996 – IV S 0310 – 5/95, BStB/ 1996 I S. 34 wurde in einer abschließenden Aufzählung festgelegt, bei welchen Unterlagen im Einzelfall auf die Aufbewahrung verzichtet werden kann.
Dies gilt – begrenzt durch den Rahmen des nach Art und Umfang des Geschäftes Zumutbaren – nicht, wenn z.B. in einem Kaufhauskonzern ein (ausreichend sicheres und dokumentiertes) internes Kontrollsystem besteht.
In den Betrieben der Gastronomie werden häufig EDV-Kassen eingesetzt, die über Trainingsspeicher verfügen und bei denen Kellnerspeicher zu Trainingsspeichern umprogrammiert werden können. Unterlagen über die in diese Speicher gebongten Umsätze sind aufzubewahren, um die geforderte Sicherheit, Richtigkeit und Vollständigkeit der ausgedruckten Tageslosung zu gewährleisten.
Insbesondere elektronische Kassen, die mit sog. Guest-Check-Druckern ausgestattet sind, lassen das Erstellen von Proforma-Rechnungen zu. Proforma-Rechnungen haben keinen Einfluss auf die Kassenspeicher. Steuerverkürzungen sind sowohl durch nicht erfasste Einnahmen als auch durch fingierte Betriebsausgaben möglich. Einerseits können Wunschrechnungen für den Kunden erstellt werden, andererseits können tatsächliche Erlöse aus Bewirtungen ohne Erfassung im Tagesendsummenbon trotz entsprechender Rechnungslegung kassiert werden. Diesen Steuerverkürzungen wird durch die Möglichkeit korrespondierender Überprüfung begegnet.
Bei gesondertem Steuerausweis auf den Proforma-Rechnungen ist ggf. der Tatbestand des § 14 Abs. 3 UstG (Steuerausweis ohne Lieferung bzw. sonstige Leistung) gegeben, der Rechnungsaussteller schuldet den ausgewiesenen Steuerbetrag.
Stpfl., die Durchschläge von Proforma-Rechnungen regelmäßig nicht aufbewahren, müssen – sofern nachweisbar entsprechende Verstöße festgestellt werden – ggf. mit weitergehenden nachteiligen Schätzungen gem. § 162 AO i.V.m. § 14 Abs. 3 UStG rechnen.
8.5.4 Aufbewahrungsfristen
Bei EDV-Registrierkassen, deren Ausdrucke (zumindest teilweise) aufgrund der Programmierung oder durch die betriebsspezifische Einrichtung den gebongten Buchungsstoff nicht richtig und vollständig wiedergeben, bei denen also unbewusste Fehlerquellen denkbar und bewusste Manipulationen möglich sind, kommt der Belegfunktion und den Aufbewahrungspflichten eine besondere Bedeutung zu.
Aufgrund der Änderung des § 147 Abs. 3 AO zum 24.12.1998 sind sämtliche nachfolgend aufgeführte Belege 10 Jahre aufzubewahren, da nunmehr auch Buchungsbelege unter die 10-jährige Aufbewahrungsfrist fallen. Soweit im Einzelfall die 6-jährige Aufbewahrungsfrist zum Tragen kommt, ist dies ausdrücklich erwähnt.
- Kassenbücher
- Arbeitsanweisungen und Organisationsunterlagen zur EDV-Registrierkasse (Bedienungsanleitung, Programmierhinweise, Programmausdrucke usw.)
- Kassenbelege, Kassenberichte
- Finanzberichte, Tagesendsummenbons, Kassenkontrollstreifen, Registrierkassenstreifen
- EDV-Registrierkassenausdrucke (z.B. Warengruppenberichte) soweit sie Buchungsunterlage mit Belegfunktion sind (Beweisfunktionen im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit, d.h. Vollständigkeit und Richtigkeit) soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind (vgl. Klein-Orlopp, AO, 5. Aufl. §147 Tz.5) z.B., zum Nachweis der ordnungsmäßigen Kassenführung. Statistiken und betriebswirtschaftliche Kennzahlen sind für die Besteuerung von Bedeutung, wenn sie die (genauere) Nachkalkulation ermöglichen 6 Jahre.
- Speise- und Getränkekarten in Gaststätten soweit sie Buchungsunterlagen für die in der EDV-Kasse gespeicherten Festpreise sind (Dauerbelege).
8.6 Grundsätze ordnungsmäßiger DV-Gestützter Buchführungssysteme (GOBS) im Einzelnen
Nach den GoBS (BMF vom 07.11.1995 – IV A 8 – S 0316 – 52/95. BStB/ 1995 I S.738) ist es auch bei EDV-Kassen erforderlich, dass nach der Organisation und Technik der jeweiligen Kasse alle Voraussetzungen für die endgültige Verarbeitung der Angaben über den Geschäftsvorfall (z.B. die Privatentnahme oder Stornobuchung), insbesondere auch für seine endgültige sach- und personenkontenmäßige Verbuchung vorliegen müssen. Diese Daten müssen außerdem gegen eine unbefugte oder unkontrollierbare Veränderung gesichert sein.